Zehn junge Instrumentalistinnen und Instrumentalisten aus verschiedenen Ländern und zehn Gesangsstudierende des Instituts für Musik der Hochschule Osnabrück (IfM) werden gemeinsam kreativ. Sie studieren unter der Leitung des Sängers, Cellisten und Pädagogen Simon Wallfisch (Musikalische Leitung) und der Gesangspädagogin Ruth Frenk (Regie und Konzept) 15 Kompositionen ein, die im Ghetto Theresienstadt entstanden sind.
Kulturelite im KZ
In der Zwangsgemeinschaft des KZs Theresienstadt war fast die gesamte jüdische Kulturelite versammelt. Gelehrte aller Wissensgebiete, Künstler, Theaterleute, Literaten, Musiker – gewaltsam herausgerissen aus ihrem normalen Leben – fanden sich hier mit den Massen alter Menschen im gemeinsamen Elend vereint.
Ruth Frenk hat sich in den vergangenen Jahren intensiv mit dem Thema Musik in Theresienstadt auseinandergesetzt. Die Auswahl der Kompositionen für das Labor Europa stützt sich auf ihre Recherchen. Bei der künstlerischen Umsetzung die Regie zu übernehmen, ist ihr ein Herzensanliegen: „Man fragt sich unwillkürlich, wie es den Komponisten in Theresienstadt selbst unter den unmenschlichen Bedingungen gelungen ist, lebensfrohe Musik und Lieder zu komponieren, einzustudieren und aufzuführen. Vielleicht, weil der künstlerische Ausdruck für Menschen ein Grundbedürfnis ist und bleibt. Diese Schöpferkraft inmitten aller Leiden beeindruckt zutiefst.“
Die von Ruth Frenk zur Verfügung gestellten Leadsheets und Klavierauszüge wurden in den vergangenen Monaten von Studierenden des IfM im Fach Komposition, Musiktheorie und Gehörbildung (KMG) neu arrangiert. Unter der Leitung von Dozent Ali Gorji haben sie die Lieder für Instrumentalbegleitungen in unterschiedlichen Besetzung neu angelegt.
Verfemte Musik
Mit Simon Wallfisch wurde für das Labor ein Musikalischer Leiter gewonnen, der einen reichen Erfahrungsschatz in der musikpädagogischen Vermittlung von Werken jüdischer, in der NS-Zeit verfolgter Komponisten mitbringt. Der aus einer bekannten jüdischen Musikerfamilie stammende Künstler ist Enkel der Cellistin Anita Lasker-Wallfisch, die durch ihr Cello als Mitglied des Mädchenorchesters das KZ Auschwitz überlebte.
Simon Wallfisch schätzt es, dass verfemte Musik gegenwärtig vielfach im Rahmen von Gedenkveranstaltungen ihren Platz findet – zugleich steht er dieser Tatsache aber auch kritisch gegenüber: „Solche Bemühungen leisten ihren Beitrag, vergessene Stimmen wieder zurück ins Repertoire zu holen. Doch sie sollten eben nur der erste von vielen weiteren Schritten sein. Wir erweisen uns und den Komponisten einen schlechten Dienst, wenn wir ihre Musik nur mit Blick auf ihren gewaltsamen Tod würdigen anstatt im Licht ihres prallen Lebens. Verfemte Musik und verfemte Musiker wurden durch den ideologischen Hass der Nazis gebrandmarkt. Und so konnte sich bis heute ein eigenständiges, aber willkürliches Genre herausbilden, bei dem Komponisten mit völlig unterschiedlichen Werdegängen und mit verschieden ausgeprägten Talenten in einen Topf geworfen wurden.“
Ort der Erinnerung
An einem Osnabrücker Ort der Erinnerung werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Ende des Labors „ErinnerungsKultur – Lieder aus dem KZ Theresienstadt“ eine Auswahl der erarbeiteten Kompositionen präsentieren: im Felix-Nussbaum-Haus. Wie kein anderer Künstler der ersten Jahrhunderthälfte hat der 1904 in Osnabrück geborene und 1944 in Auschwitz ermordete Maler Felix Nussbaum alle Erfahrungen der Jahrzehnte nach dem Ersten Weltkrieg in seinen Bildern festgehalten und als Teil seiner eigenen Situationen reflektiert, in die er als Jude durch die rassistische Ideologie des nationalsozialistischen Deutschland hineingestoßen wurde.
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