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10. Auf Geheiß des Bischofs – Juden kommen nach Osnabrück

"Alter Judeneid", Pergament, Osnabrück um 1300

Wenn du einen Meineid schwörst, soll dich die Erde verschlingen, [...]. Wenn du einen Meineid schwörst, sollst du in eine Salzsäule verwandelt werden, wie es Loths Weib erging, als sie rückwärts sah, als sie von Sodom ging. Wenn du einen Meineid schwörst, soll dich der Aussatz befallen, [...]. Wenn du einen Meineid schwörst, sollst du im Höllenfeuer verbrennen“. Das Misstrauen gegen die Juden muss groß gewesen sein, liest man die über 700 Jahre alte Formel des sog. Judeneides, der zu den ältesten Schriftstücken der Osnabrücker Geschichte gehört.

Der Eid stammt aus der Zeit um 1300. Damals bildete sich in Osnabrück die erste jüdische Gemeinde. Grund war der wachsende Geldbedarf des Bischofs, der Juden gezielt als Geldgeber in die Stadt holte und unter seinen Schutz stellte. Sie besaßen einen Sonderstatus, weil sie unter den Christen als Ungläubige galten. Sie konnten kein Bürgerrecht erwerben und damit auch kein Handwerk ausüben. Daher blieben ihnen nur wenige Erwerbsmöglichkeiten. Dazu gehörte das Geldgeschäft, da die Juden im Gegensatz zu den Christen Zinsen nehmen durften.

1267 wird in Osnabrück erstmals ein Jude urkundlich erwähnt. 1327 lebten bereits 15 jüdische Familien in der Stadt. Die Gemeinde besaß eine Synagoge mit Schule an der Schweinestraße (der heutigen Marienstraße) und einen Friedhof auf dem Westerberg. Obwohl sie keine Bürger waren, mussten sie für ihr Wohnrecht hohe Abgaben zahlen. Aufgrund unterschiedlicher Lebensgewohnheiten kam es zwischen der Stadt und den vom Bischof angesiedelten Juden regelmäßig zu Streitigkeiten. Dabei wurden letztere häufig beschuldigt, etwas Unrechtmäßiges getan zu haben. Wollte sich ein Jude gegen solche Anschuldigungen wehren, so konnte er durch das Schwören des Eides seine Unschuld beweisen. Die eingangs zitierten Drohungen, die ihm im Falle eines Meineides blühen sollten, bezeugen das große Misstrauen, das die Osnabrücker Bürger den Juden entgegenbrachten.

Dieses Misstrauen kulminierte während der Pest um 1350, an der viele Menschen starben. Damals wurde den Juden angelastet, sie hätten die Brunnen vergiftet, da sie von der Pest kaum betroffen waren. Das folgende Pogrom überlebten nur wenige Juden. Der Bischof begann danach erneut Juden in Osnabrück anzusiedeln. Erst nach der Aufhebung des Zinsverbotes für Christen hob er 1424 auf Drängen der Stadt den Schutz der Juden auf. Die letzten beiden jüdischen Familien mussten die Stadt verlassen. Erst im 19. Jahrhundert sollte sich wieder eine jüdische Gemeinde in Osnabrück bilden.

Originaltext

„Dat du des unschuldich bist der ticht, de di N. tiget, dat di also helpe Got, deselve Got de dar was, er lof unde gras, de den hemel hof unde de erden schof unde bi der heiligen e, de Got gaf Moyse, uf den berge to Synai in ener stenen taflen, de Moyses brechte, di an dinen geslechte. Uf tu menen et sveres, dat di swike Abraham, Ysaac unde Jacob unde de vif boke Moyses; of tu menen et sveres, dat di verslinde de erde, also dede Dathan unde Abiron unde Gomorra, of tu menen et sveres, dat tu werdes gewandelet in ene salte sul, alse Lothes wif wart darumbe dat se weder sag, do se van Sodoma gink; of tu menen et sveres, dat di besta de masersochi, alse bestont to rechte Jeti heren Ehsens knechte; of tu menen et sveres, dat di verberne dat hellesche vur, dat verbrande de kindere dor heren Helisens gebedes willen. Dat diese et recht unde unmene si, dat di also helpe Adonay, of tu desen manne unrechte svoren hebbes, dat din sat nummer mer tot anderem sade menget werde, noch din vles tor heiligen erden; of din et unrecht si, dat du verwiset werdes tor ewigen dusternisse, darinne svikene sis sunder ende.

Spek amen“

Transkription

„Dass du unschuldig bist der Bezichtigung, der N. dich bezichtigt, so wahr dir Gott helfe, derselbe Gott, der da war, ehe Laub und Gras waren, der den Himmel erhob und die Erde schuf; und bei den Heiligen Geboten, die Gott Moses auf dem Berge zu Sinai in einer steinernen Tafel gab, die Moses dir und deinem Geschlecht brachte. Wenn du einen Meineid schwörst, dass Abraham, Isaak und Jakob und die fünf Bücher Moses dich verlassen; wenn du einen Meineid schwörst, dass dich die Erde verschlinge, wie sie es Datan und Abiron und Gomorra antat; wenn du einen Meineid schwörst, dass du in eine Salzsäule verwandelt werdest, wie es Loths Weib erging, als sie rückwärts sah, als sie von Sodom ging; wenn du einen Meineid schwörst, dass dich der Aussatz befalle, wie es zurecht Jeti geschah, Herrn Elisens Knecht; wenn du einen Meineid schwörst, dass dich das Höllenfeuer verbrenne, das die Kinder verbrannte um Herrn Elias’ Gebet willen. Dass dieser Eid recht und kein Meineid sei, dass dir dazu helfe Gott, wenn du diesem Manne Unrecht geschworen hast, dass deine Saat nie mehr zu anderer Saat gemehrt werde, noch dein Fleisch zur heiligen Erde; wenn dein Eid unrecht sei, dass du verdammt wirst zur ewigen Finsternis, darinnen Leid ist ohne Ende.

Sprich Amen.“


Steckbrief

Titel: „Alter Judeneid“
Material/Technik: Tinte, Pergament
Herstellungsort: Osnabrück
Datierung: um 1300
Maße: 16,5 x 20 cm
Bemerkungen: Osnabrücker Urkundenbuch, Nr. 662, S. 424
Aufbewahrungsort: Niedersächsisches Landesarchiv – Standort Osnabrück, Dep. 3 a 1 III, Nr. 44

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